Haushaltsrede Rita Ortler Fraktionsvorsitzende

Veröffentlicht am 01.04.2019 in Ratsfraktion

Tanzhaus und Rathaus Nördlingen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Faul,

werte Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat, liebe Ortsprecher,

sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,

liebe Gäste der heutigen Sitzung, werte Vertreter der Presse,

natürlich habe ich mir, vor ich mich an die Arbeit der diesjährigen Haushaltsrede gemacht habe, meine letztjährige Rede nochmals durchgesehen. Und – welch Überraschung – ich könnte ganze Passagen davon auch für dieses Jahr wieder übernehmen, in vielen Themen haben sich nur die Zahlen, mal mehr oder weniger, meist mehr, in die Höhe verschoben und auch die zeitliche Schiene für bestimmte Investitionen hat sich nur in spätere Jahre geschoben.

Diese Verschiebungen haben viele Gründe und ein gewichtiger davon ist paradoxer Weise genau der, dass wir „in einer sehr schnelllebigen Zeit leben, die uns beständig mit Unerwartetem konfrontiert“, um mit Frank-Walter Steinmeier zu sprechen.

Änderung der Wünsche in der Gesellschaft

Alle Ebenen der Politik reagieren inzwischen sofort auf Änderungen und Wünsche in der Gesellschaft – dies ist einerseits gut, obwohl ich mutmaße um sich ihr Wählerklientel zu sichern, andererseits werden im Schnellschuss Versprechungen und auch Gesetze gemacht, denen vor allem Finanzierung, Durchführbarkeit und oft Sinnhaftigkeit fehlen. In diesem Dilemma sollen Kämmerei und Verwaltung in Zusammenarbeit mit dem Stadtrat einen aussagekräftigen Haushalt aufstellen.

An einigen Beispielen aus unserem diesjährigen Haushalt möchte ich dies aufzeigen:

Straßenerschließungsbeiträge

1. Bei den Straßenerschließungsbeiträgen haben wir keine klare Rechtssicherheit, was wir dürfen. Trotzdem stehen in unserem Investitionsprogramm drei Maßnahmen, von denen wir nicht wissen, ob sie kommen, denn nach Klärung der Rechtslage müssen wir erst entscheiden, ob wir manche Anlieger bevorzugen und unseren Haushalt belasten oder nicht.

2. Die aktuellen Gesetze zu den Straßenausbaubeiträgen sind schlicht undurchdacht, denn die zugesagten Mittel sind nicht ausreichend, um den Straßenbau in der erforderlichen Weise zu leisten. Straßen, die eigentlich gemacht gehören, stehen zwar im Investitionsplan, werden aber immer wieder verschoben, weil das Geld einfach nicht für alles reicht.

Hallenbad

3. Dann das Thema Hallenbad – das Projekt, das den Investitionsplan mit momentan angenommenen 15,7 Mio. €, davon 11 Mio. Eigenmittel, über die nächsten Jahre am meisten beeinflusst. Dies ist aufgrund angekündigter Fördermittel in die Warteschleife gerückt. Unter Zeitdruck mussten wir im August auf ein neues Förderprogramm aufspringen und seit fast einem halben Jahr warten wir auf das für November angekündigte Ergebnis. Obwohl der gesamte Stadtrat sich im letzten Jahr für eine Planung noch vor dem Wahljahr ausgesprochen hat ist bis jetzt noch nicht einmal eine ergebnisoffene Diskussion geführt worden über das was wir wollen. Ein Antrag der SPD-Fraktion diese Diskussion parallel zu führen wurde nicht berücksichtig, obwohl klar ist, dass der erste Planungsentwurf – der übrigens nur eine Sanierung betrachtet - noch erheblicher Diskussion bedarf. Und eine Bürgerbeteiligung muss auch noch kommen und darf sich nicht auf eine Vorstellung eines Entwurfes mit dem Hinweis: „Was anderes ist fiskalisch nicht verantwortbar“ beschränkt werden. Solche Totschlagargumente mögen aus Sicht der Kämmerei in Ordnung sein, nicht aber aus Sicht von Stadträten und engagierten Bürgerinnen und Bürger, die sich um ein zukunftsfähiges und für ein Oberzentrum angemessenes Bad einsetzen. Wenn wir gemeinsam am Ende der Diskussion zu eben diesem Schluss kommen ist diese Aussage in Ordnung; nicht aber als Mittel zum Verhindern jeglicher Diskussion. Für das Projekt Hallenbad heißt dies: die im Investitionsprogramm stehenden Zahlen sind reine Platzhalter, offen nach oben und unten, genauso offen wie die Zeitschiene!

Kinderbetreuung und Schulbildung

4. Ein weiteres Beispiel sind die Einrichtungen für Kinderbetreuungen und Schulbildung; auch hier machen ständig wechselnde Förderkriterien und neue Richtlinien, neben dem Glücksfall, dass wir immer mehr Kinder haben, es bei der Planung eines Haushaltes nicht leicht. Dieses Geld ist in unseren Augen in allen Bereichen - Krippen, Regelgruppen, Horten, Offene Ganztagsschule, Mittagsbetreuung – richtig gut angelegt. Hier wurde immer mehrheitlich im Stadtrat das ok für die Bedarfsanerkennungen und damit auch die Mittel gegeben. Auf der einen Seite wurde sofort mit der Anerkennung einer weiteren Gruppe reagiert, wenn es wie bei St. Martin zu „Unerwartetem“ kommt. Andererseits ist nicht klar wann jetzt endlich die seit Langem eingeplanten Mittel für St. Michael und Maria Stern benötigt werden.

Erziehung und Bildung

Beim Thema Erziehung und Bildung möchte ich natürlich auch auf den geplanten Anbau an der Grundschule Mitte eingehen: Die Diskussionen haben sich nun hingezogen, aber vor zwei Tagen wurde letztendlich eine gute Lösung auf den Weg gebracht – leider nur mit knapper Mehrheit, ich hätte mir ein klareres Votum für den Erhalt der Schule in der Altstadt gewünscht. Mit dieser Entscheidung wird der Schulstandort und somit die Altstadt selber gestärkt, der Schulaltbau wird auf baulich guten Stand gebracht und wir können hier in Zukunft offene Ganztagsschule und Mittagsbetreuung in schönen Räumen anbieten. Ja, die Kosten sind wahrlich hoch und es waren auch noch moderate Ausnahmen und Abweichungen von der Altstadtsatzung nötig, aber dies wird durch die Vorteile wettgemacht. Das Gleiche gilt für den geplanten Anbau an der Mittelschule, um auch hier ausreichend Platz für die zusätzlichen Klassen an der Mittelschule und den Offenen Ganztag auch an der Schäufelin-Grundschule zu schaffen. Nicht in unserem Sinne ist es, dass die Schillerschule noch mit der OGS warten muss – auf der anderen Seite muss man wissen, dass sich die Voraussetzungen im Wemdinger Viertel in den nächsten Jahren durch die neuen Baugebiete verändern und man hier auch im Schulbereich ganz anders planen muss. Also auch in diesem Bereich der Erziehung viele Unabwägbarkeiten sowohl in Zeit- wie auch Finanzplan.

Unerwartet zu den bereits angesprochenen Maßnahmen kommen dann noch zusätzlich Kostensteigerungen bei den dringend benötigten Wohnanlagen am BayWa-Gelände und die nötige Sanierung der Turnhalle Kleinerdlingen dazu. Investitionen, die in unseren Augen dringend gemacht werden müssen.

Ebenfalls kurzfristig kam die Unterstützung des gKU: Natürlich stimmen wir gerne den 200.000 € zu, um den Standort des Nördlinger Stiftungskrankenhauses zu stärken und auch Investitionen in Zukunft hier vor Ort zu machen. Mit diesem Beitrag zeigen wir, dass es richtig war in Pflegekräfte am Krankenhaus und in den Erhalt unserer Geburtsstation zu investieren; was noch folgen muss ist die Unterstützung von Pflegekräfte für Alten- und Pflegeheime.

Radwegkonzept

Und auch die Investitionen, die für die Durchführung des Radverkehrskonzeptes eingeplant wurden zeigen in die richtige Richtung, nämlich dem Radverkehr jetzt endlich stärkeres Gewicht zu geben. Das begrüßen wir als SPD-Fraktion.

Ich betone, dass wir alle diese Baumaßnahmen und Investitionen unterstützen und befürworten und unsere Anmerkungen sollen nur aufzeigen, wie wenig ein Investitionsplan in der heutigen Zeit, egal wie detailliert und sorgfältig er aufgestellt ist, eins zu eins umgesetzt werden kann. Es ist ein nötiges Rahmenwerk, ohne das es kein Handeln gibt. 

Unerwartetes

Und zusätzlich kommt noch anderes – ich bleibe bei dem Begriff – „Unerwartetes“. Da sind die erheblichen Steigerungen von Baukosten und eine nicht planbare Abwicklungsrate, wie letztes Jahr bei einem Tiefstand von knappen 40 %. Sollte die Konjunktur sich weiter so halten und u. a. der Fachkräftemangel das Bautempo noch mehr beeinflussen können wir auch bei den Planungen und Ausführungen unserer Maßnahmen eher mit einer niedrigen Abwicklungsrate rechnen.

Investitionen und Schulden

Aus diesen Gründen steht unsere Fraktion den hohen Investitionssummen und dem erheblichen Finanzierungsbedarf der nächsten Jahre eher gelassen entgegenüber. Die Erfahrung mit unserem Kämmerer zeigt: Es kommt nie so dicke wie angesagt. Nehmen wir das Jahr 2018 her, so wurde das Doppelte an Zuführung an den Vermögenshaushalt erwirtschaftet und auch die Rücklagen sind nicht aufgebraucht, wie angedacht. Auch die Verschuldung pro Einwohner mit ca. 350 €/Einwohner liegt deutlich unter dem Durchschnitt von 680 €. Natürlich haben wir das tolle Beispiel eines „schuldenfreien Landkreises Donau-Ries“ als Ideal vor Augen, aber wir als Kommune wollen es uns nicht leicht machen und uns einfach bei den Bürgern mit noch höheren Beiträgen und Abgaben bedienen. (Zusätzlicher Einschub bei der Rede: Ja, Herr Oberbürgermeister Faul, ich stimme Ihren Aussagen bzgl. der Kreisumlage uneingeschränkt zu, allerdings hätte ich mir ihre Stellungnahme an der richtigen Stelle erwartet, nämlich im Kreistag, als es dort um diese Sache - Belastung der Kommunen - ging.)

Sparsame Haushaltsführung

Ja, wir befürworten eine sparsame und vorsichtige Haushaltsführung, aber wir wünschen auch keine Panik. Im kommunalen Alltag arbeitet man dann ein Projekt nach dem anderen ab, schaut auf die Finanzen – ein herzlicher Dank an die Kämmerei - schiebt „Unerwartetes“, aber Unabdingbares dazwischen oder auch geplante Projekte nach hinten. So hat es immer funktioniert und so wird es auch weiter funktionieren.

Wir stimmen somit dem Investitionsprogramm für die kommenden Jahre zu, wohl wissend es wird sich nicht in den nächsten 4 Jahren realisieren lassen und erwarten die noch nötigen Diskussionen, wenn es um die Verwirklichung geht.

Verwaltungshaushalt

Der Verwaltungshaushalt ist in über 550 Seiten detailliert aufgelistet und mit einem Gesamtvolumen von 51,65 Mio. € wird der Ansatz von 2018 wieder um 4,3 % übertroffen.  Alle Bürgerinnen und Bürger, jeder einzelne leistet zu diesem Betrag seinen Anteil, ob in Form von kommunalen Steuern, durch die Umlegung von Bundessteuern oder durch ein Benutzerentgeld. Für diese Leistung ein herzliches Dankeschön. Einer Stadt geht es gut, wenn es den Menschen dort gut geht; dann kann die Stadt auch mit einem guten Service und einer funktionierenden Infrastruktur das ihre zurückgeben.

Investitionen

Deshalb investiert die Stadt Nördlingen jedes Jahr in gutes und zufriedenes Personal, in den Unterhalt von Grundstücken und Gebäuden, in Zuschüsse bei der Kinderbetreuung und in die Förderung von kulturellen, sozialen, sportlichen und gemeinnützigen Zwecken. Unseres Erachtens eine wichtige und erfolgreiche Anlage unseres Geldes. Und dass dies die richtige Strategie ist sieht man an den stark steigenden Einwohnerzahlen von Nördlinger. Es ist erfreulich, dass trotz dieser Ausgaben, erhöht durch unabdingbare Umlagen, in den letzten 10 Jahren im Durchschnitt um die 5 Mio. € an den Vermögenshaushalt zugeführt werden konnten und dies trotz eines etwas eingetrübten Wirtschaftswachstums auf diesem Niveau gehalten werden kann.

Auch dem Verwaltungshaushalt wird die SPD-Fraktion zustimmen.

Stadtwerke Nördlingen

Erfolgreich ist auch der Eigenbetrieb der Stadtwerke Nördlingen, der die wichtige Versorgungssicherheit im Abwasser- wie auch im Wasserversorgungsbereich bietet. In den vergangenen beiden Jahren wurden in allen Bereichen über den Plan noch weitere Gewinne erwirtschaftet und auch für 2019 ist ein ähnliches Ergebnis zu erwarten. Durch weitsichtige und angemessene Gebühren- und Abgabeverordnungen, denen wir im Stadtrat gefolgt sind, kann dies erwirtschaftet werden. Ein Dank an alle Beteiligen der Stadtwerke, allen voraus Herr Kugler und Herrn Bschorrer.

Dank

 

Wir möchten hier allen danken, die den reibungslosen Ablauf der Haushaltsberatungen ermöglicht haben. Herr Oberbürgermeister Faul für die gute Sitzungsführung, auch für seine Nachsicht, wenn zum dritten Mal das gleiche gefragt wurde, Herr Kugler mit allen Verantwortlichen der Kämmerei und der verschiedenen beteiligten Ämter für das Erstellen der zahlreichen und aussagekräftigen Unterlagen und allen Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat für die gute Zusammenarbeit.

Gehen wir optimistisch in dieses Haushaltsjahr und denken manchmal an die Worte von Joachim Ringelnatz:

Sicher ist, dass nichts sicher ist. Selbst das nicht.

Danke für die Aufmerksamkeit.

 
 

SPD

Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V.

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